Tennet will P43 durch den Klimawald Bergrheinfeld bauen

MAIN POST, Von Horst Fröhling, 17.12.2021

Der Netzbetreiber Tennet stellte den Antrag auf Bundesfachplanung nach § 6 des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes für die Höchstspannungsleitung Mecklar – Dipperz – Bergrheinfeld West (P43).

Darüber informierte Cindy Schemmel vom Tennet-Referat für Bürgerbeteiligung den Gemeinderat.

Der Zeitplan sehe vor, so Schemmel, dass die Antragsunterlagen bis 30. Dezember 2021 bei der Bundesnetzagentur einzureichen sind. Bis 2023 solle der Korridor für die Trasse festgelegt werden, bis 2027 der endgültige Trassenverlauf. Die Bauphase solle bis zur Inbetriebnahme 2031 dauern. Die Vorzugstrasse sei die Ostvariante entlang der A7. Geprüft werde eine mögliche Teilerdverkabelung.

Dazu bemerkte Bürgermeister Ulrich Werner, er habe den Eindruck, dass Tennet am grünen Tisch plane und die Gemeinde vor vollendete Tatsachen gestellt werde. Man könne nur den Kopf schütteln, dass wieder eine Stromtrasse durch den Klimawald „Am Galgenberg“ geplant ist. Dass in den Plänen der Klimawald als „Kleingehölz“ bezeichnet wird, wertet er als Unverschämtheit und Provokation. Er sprach von einem brutalen Vorgehen über die Interessen der Gemeinde hinweg.

Nur Teilprojekte

„Gibt es Pläne, in denen alles eingezeichnet ist?“, fragte Gemeinderat Thomas Meidl. Dies wurde von Tennet-Mitarbeiter Thomas Wagner verneint. Gemeinderat Michael Eusemann stellte fest, man sehe nur Teilprojekte wie Umspannwerk, Konverter oder Anschlüsse, aber die Gesamtplanung passe nicht. Eine Planung aus einem Guss forderte Gemeinderat Thomas Geißler. Doch diese gibt es laut Wagner nicht. Bürgermeister Werner befürchtet, dass beide Trassen den Klimawald kaputt machen.

In ihrer Stellungnahme kritisiert die Gemeinde unter anderem den gewählten Zeitpunkt der Antragseinreichung und die Fristsetzung bis 30. Dezember 2021. „Das Anschreiben, mit dem uns Gelegenheit gegeben wurde, eine Stellungnahme einzureichen, hat uns am 26. November 2021 erreicht“, heißt es darin. Somit sei nur noch eine Behandlung der Angelegenheit in der Jahresabschlusssitzung des Gemeinderates möglich gewesen. Der Zeitpunkt sei von Tennet absichtlich so spät im Jahr gewählt worden, um eine gründliche Prüfung der Antragsunterlagen zu erschweren.

Das Thema Klimaschutz als gesellschaftliches Ziel werde von Tennet mit seinen Vorschlägen ignoriert und mit Füßen getreten. „Zu unserem großen Entsetzten haben wir in den Antragsunterlagen erkennen können, dass das Trassenkorridorsegment B41b wie bereits schon beim Vorhaben 4 quer durch das gemeindliche Waldgebiet „Am Galgenberg“ geplant ist“, heißt es.

Im Steckbrief des Trassenkorridorsegmentes B41b werde diese Überspannung mit einem einzigen Satz abgehandelt. Bei dem Waldgebiet, das als Klimawald dient, handle es sich um ein „Kleingehölz“, das überspannt werden könne, wenn die im Schutzbereich der Leitung liegenden Gehölze einer Wuchshöhenbeschränkung unterliegen.

Empört über den Passus

„Empört haben wir diesen Passus zur Kenntnis genommen. Im Vorhaben 4 hat sich die Gemeinde bereits vehement gegen eine Überspannung des Klimawaldes gewehrt und nun wird wieder eine Planung vorgelegt, die die Zerstörung und Begrenzung unseres Waldes zynisch in Kauf nimmt.“

Eine notwendige Neuanpflanzung anstelle des zerstörten Waldgebietes seit heute wissenschaftlich in einer solchen Qualität und Form nachweislich nicht mehr möglich. Eine Kommunikation auf Augenhöhe zwischen den Fachplanern von Tennet und den örtlichen Fachvertretern im Blick auf Alternativen und Kompromisslösungen sei trotz der Bitte der Gemeinde leider nicht erfolgt.

Das Waldgebiet wurde vor 26 Jahren als gemeindlicher Klimawald mit einem hohen personellen Aufwand durch den gemeindlichen Bauhof und unter Heranziehung erheblicher Haushaltsmittel angelegt und seitdem gepflegt. Der Klimawald sei mit seinen rund zehn Hektar Fläche einer der wenigen zusammenhängenden Waldgebieten in dieser Größe auf der fränkischen Trockenplatte. Es könne nicht sein, dass wirtschaftliche Aspekte über den Zielen des lokalen Klimaschutzes stehen und ein solches Waldgebiet einfach vernichtet wird.

Äußerst schützenswert

„Aus den genannten Gründen, vor allem aber aus Sicht des örtlichen Klimaschutzes und der Belastung der Gemeindefinanzen, sehen wir unseren Klimawald als äußerst schützenswert an und lehnen die Trassenplanung über beziehungsweise durch das Waldgebiet „Am Galgenberg“ in Bergrheinfeld konsequent ab!“ Bei einer Gegenstimme billigte der Gemeinderat die Stellungnahme.

MAIN POST, Von Horst Fröhling17.12.2021

Netzbetreiber Tennet – Informationen nur scheibchenweise

Betrachtet man die Planungen des Netzbetreibers Tennet, festigt sich immer mehr der Eindruck, dass hier mit Unwissenheit und Halbwahrheiten gearbeitet wird. Transparenz: Fehlanzeige. Bevölkerung, Gemeinderat und Bürgermeister werden an der Nase herumgeführt. Der Netzbetreiber verfügt über Flächen, die ihm nicht gehören wie einst feudalistische Grundherren.

Tennet arbeitet für die Technik von morgen mit Methoden von gestern. Diese erinnern an „Nepper, Schlepper, Bauernfänger“. Mit Tarnen und Täuschen schafft Tennet jedenfalls kein Vertrauen. Setzt man die Puzzleteile zusammen, die vom Netzbetreiber nach und nach vorgelegt werden, kann man von einer perfiden Planung sprechen, die die Gemeinde und ihre Bürger für dumm verkaufen will.

Warum versucht der Netzbetreiber nicht, eine vollständige Planung vorzulegen und einen regelmäßigen Informationsaustausch auf Augenhöhe in einem „Jour fixe“, wie es Gemeinderat Thomas Meidl vorschlug. Das wäre alles besser als das, was bisher gelaufen ist.

Foto: Horst Fröhling MAIN POST

Bürgermeister Ulrich Werner, Bauhofleiter Walter Zeißner und Altbürgermeister Wendelin Fenn, auf dessen Initiative vor 26 Jahren der Wald angepflanzt wurde, bei einem Spaziergang im vergangenen Jahr durch den Klimawald

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